Die vergangenen Wochen haben aus Sicht des Brandenburger Brotsommeliers Tobias Exner eines gebracht: Verbraucher haben sich in Corona-Zeiten auf gutes Essen und regionale Produkte besonnen. „Bäckerbrot wird wieder geschätzt“, sagte Exner der Deutschen Presse-Agentur. Er hofft, dass es gelinge, die Liebe der Deutschen zum handwerklichen Brot zu gewinnen.“
Deutschland sei ein Brotland mit mehr als 3000 Brotspezialitäten, warb Exner für den Genuss. Da sei für jeden Geschmack etwas dabei: von rustikal deftig, bis leicht und raffiniert.
Exner hatte 2018/19 die Ausbildung eins Brotsommeliers an der Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim (Baden-Württemberg) absolviert. Voraussetzung ist ein Meistertitel als Bäcker. Ziel ist es, Botschafter für den Brotgenuss zu gewinnen.
Deutsche essen weniger Brot
In Deutschland geht der Brotverbrauch pro Familie Jahr für Jahr zurück. Laut Daten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) wurden im Vorjahr pro Familie im Durchschnitt 39,9 Kilogramm verspeist, im Jahr davor waren es noch gut zwei Kilogramm mehr. Insgesamt kauften die privaten Haushalte im Vorjahr 1,6 Millionen Tonnen Brot, ein Minus von 4,2 Prozent im Vergleich zu 2018.
In den vergangenen Wochen seien die Umsätze für ihn und seine Kollegen meist weggebrochen, sagte Exner. Kantinen, Schulen und Kitas, Restaurants, Cafés, Hotels oder Pensionen mussten wegen der Corona-Krise geschlossen bleiben und benötigten keine Lieferungen von Backwaren. „Es gibt viele Verlierer“, sagte Bäckermeister Exner, der eine Bäckerei mit Stammsitz in Beelitz (Potsdam-Mittelmark) und 36 Fachgeschäfte betreibt. „Die vergangenen Wochen waren schon eine extreme Herausforderung für unseren Handwerksberuf.“
„Unsere Teige haben Zeit“
Auch Bäckereien mit Café-Geschäft mussten sich von diesen Einnahmen verabschieden: aufgrund der Anti-Corona-Regelungen durften die Tische nicht besetzt werden. Mit „Kaffee to go“ und einem Brötchen oder einem Stück Kuchen zum Mitnehmen seien die Verluste nicht auszugleichen. „Und wer kauft sich ein Stück Torte, um es dann allein am Küchentisch zu verzehren“, fragte er. Der Besuch in einer Konditorei sei ein Gemeinschaftserlebnis.
„Es ist aber auch an der Zeit, Möglichkeiten zu suchen, den Rückgang doch noch aufzufangen“, sagte er. Viele Kunden hatten erlebt, wie toll ein Bäckerbrot schmecke, ist sich der Bäckermeister sicher. Bäckerbrote haben etwas, womit die aus dem Supermarkt nicht mithalten können. „Unsere Teige hatten Zeit“, sagte er. Sauerteige und Vorteige stünden bis zu 48 Stunden, bevor sie weiter verarbeitet werden.
In seinem Betrieb werde jedes Brot von Hand hergestellt, betonte er. Das seien etwa 2500 bis 7000 Laibe am Tag: geformt, dekoriert, in den Ofen geschoben, wieder herausgeholt und dann in den Verkaufsraum gebracht.
Regionale Zutaten
Regionale Bäcker arbeiteten zudem oft mit regionalen Anbietern zusammen, um neue und außergewöhnliche Brote zu kreieren, sagte der Brotsommelier. Er selbst beziehe Kürbiskernöl aus Beelitz, Getreide aus dem Fläming und Buttermilch aus der Uckermark. „Den Verbrauchern wird es immer wichtiger zu erfahren, wo die Produkte herkommen, die auf dem Tisch landen“, sagte er. Der regionale Bäcker könne die Antwort geben.
Aus seiner Sicht greifen Kunden meist aus Bequemlichkeit und aus finanziellen Gründen zum Supermarktbrot. „Aber eine Bäckerschrippe kann nicht per Hand für 15 Cent gebacken werden, wie sie der Discounter anbietet“, sagte er.
Roggenmischbrot sei nach wie vor Renner. Auch dunklere Brote mit vielen Körnern seien immer mehr gefragt. „Kunden und Bäcker sind sehr experimentierfreudig.“
Gerade hat er mit dem dreifachen Olympiasieger im Kanusport, Sebastian Brendel, ein Brot entwickelt. „Es ist sehr eiweißreich mit Quark, Haselnüssen und angerösteten Saaten“, beschrieb er das Produkt. „Es schmeckt mit Marmelade, aber auch mit Leberwurst oder Käse“, sagte der Brotsommelier.
(Quelle: MAZ Online vom 17.05.2020. Text: Gudrun Janicke
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